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Sind alle Dominas und Profi-Mamis überteuerte Abzockerinnen?

(Diesen Text habe ich ursprünglich in Reaktion auf einen Thread in einem Adultbaby-Forum verfasst, wo es um "Abzocke bei Profi-Mamis" ging.)

Wenn ich mich in verschiedenen Foren - insbesondere BDSM-Foren und Adultbaby-Foren der privaten Szene- umsehe, begegnet mir dort immer wieder der Vorwurf, dass Dominas und Profi-Mamis völlig ungerechtfertigte Preise hätten.

Üblicherweise werden Dominas und Profi-Mamis aufgesucht von Menschen, die sich in ihrem Privat- und Berufs-Alltag nicht mit ihrer Neigung outen wollen, weil sie gesellschaftliche Nachteile und Karriereeinbußen befürchten. Leider sind diese Befürchtungen in heutiger Zeit noch durchaus berechtigt, und ich habe z.B. für meine Freiheit, ganz offen mit meinem Namen und meinem Gesicht hinter meiner Tätigkeit zu stehen, schon teuer bezahlt. Mir sind einige prestigeträchtige Berufe, die ich mit meinem mit "Sehr Gut" absolvierten naturwissenschaftlichen Studium hätte ausüben können, verwehrt - dies zeichnet sich spätestens nach einer erfolgreichen Bewerbung ab, an deren Ende mir ein Vertrag vorgelegt wird, den ich erst unterschreiben möchte, wenn die Nebentätigkeitspassage geklärt ist - und wenn ich dann feststelle, dass mir jede andere Nebentätigkeit vergleichbaren zeitlichen Umfangs genehmigt würde, nur diese eben dazu führt, dass der Arbeitgeber dann lieber nochmal einen Rückzieher macht, als mich einzustellen. Nun habe ich mit mit einem Kompromiss-Hauptberuf arrangiert, der nicht meine vollen Qualifikationen ausschöpft und entsprechend ein geringeres Gehalt bringt - de facto finde ich mich aber keinesfalls "unverschämt", wenn ich die Preise so gestalte, dass mir beide Tätigkeiten gemeinsam auf Dauer nicht weniger Einkünfte bringen sollten, als die Konzentration auf eine wissenschaftliche Karriere dies getan hätte bzw. noch täte (oder, falls dies nicht gelingen würde bzw. nicht mehr gelingt, eben die Schlußfolgerung ziehe, die Fremdfantasie-Erfüllung als Domina und Profimami dann lieber aufzugeben und BDSM / ABDL - Praktiken dann nur noch rein privat auszuüben.)

Zudem denken einige Sklaven und Adult Babies wohl, dass ich für eine Sessionstunde eine Zeitstunde benötige. Gerade wenn ich auf meine Sessioninteressenten aber so individuell eingehe, wie dies mein Anspruch ist, sind meine Vor- und Nachbereitungszeiten, die der Kunde oftmals gar nicht mitbekommt, aber enorm. Ich bin keine Fließband-Person und biete keine Fließband-Arbeit, ich muss mich emotional einstimmen in jede einzelne Fantasie und schüttele dies auch nicht aus dem Ärmel.

Andere Erotik-Dienstleisterinnen mögen für ihre individuelle (oder vom Studiobetrieb vorgegebene) Preisgestaltung wiederum andere Gründe haben, aber außer auf der Herbertstraße (wo bewusst beim Kobern am Fenster Dinge versprochen werden, die gar nicht oder nur in minimalster Ausführung zu halten beabsichtigt sind) wird meiner Erfahrung nach nicht "abgezockt". Bezeichnend finde ich, dass man bei "jeder anderen Frau", die keine erotische Dienstleitung bewirbt, auch durchaus davon ausginge, dass diese "ausgenutzt" würde, wenn sie "derartige Dinge" für Fremde für Geld machen "müßte". Scheinbar kommt aber kaum jemand auf die Idee, dass sich auch eine Domina oder Profi-Mami gleichermaßen ausgenutzt fühlt, wenn sie sie für subjektiv angesichts des tatsächlichen zeitlichen Aufwands (incl. Vor- und Nachbereitungs- und Acquise-Zeiten), finanziellen Risikos und emotionalen Einsatzes "zu wenig Geld" anbieten "müßte". Würde derartiges von irgendjemandem verlangt, kämen wir ja wirklich in den Bereich der Zwangsprostitution! Bzw. ist einer Prostituierten nichts anderes möglich, als ihren Preis unter den subjektiv selbstempfundenen Wert zu senken, dann sind wir im Bereich der Armutsprostitution.

Den folgenden Text. in dem ich mich zur Veranschaulichung des o.g. Gesagten auf konkret erlebte (oder erlesene) Beispiele beziehe, habe ich ursprünglich für Adult Babies geschrieben, aber er gilt in analoger Weise auch für SM-Studiokunden (z.B. "Wieso ist die Herrin so teuer, obwohl sie naturdominant zu sein behauptet?"), die die Abzocke der scheinbar unverschämten Ladies kritisieren.

Warum ist Mami so teuer, obwohl sie uns lieb hat?

oder umgekehrt:
Muß eine "sowieso Perverse" wirklich für jedermann verfügbar(= für jeden Mann bezahlbar) "pervers" sein?

Erst kürzlich hatte jemand in einem Adultbaby-Forum die Frage aufgeworfen, ob man nicht evtl. einfach einen Pflegedienst engagieren könne für die Erfüllung der privaten Wickelungs-Gelüste. Zu Recht waren die meisten Community-Mitglieder empört, dass dies Mißbrauch einer subventionierten Sozialleistung sei, sofern es sich um einen entsprechenden Pflegedienst handele. Daraufhin wurde eingeworfen, dass man ja auch mit offenen Karten spielen könne und eine Pflegerin, die man wohlmöglich privat kenne, ja unverbindlich fragen könne, ob sie sich etwas dazuverdienen möchte. Fast alle stimmten überein, dass man dies sicherlich versuchen könne, aber sie dies gewiß nicht machen würde: meist seien Pflegerinnen nach der Arbeit bereits zu ausgepowert, und außerdem würden sie sich ausgenutzt fühlen, wenn sie für so wenig Geld statt einer karikativen Arbeit nun eine Dienstleistung erbringen sollten, die einzig den erotischen Gelüsten eines Fetischisten dient. Würden sie über den Charakter ihrer Dienstleistung getäuscht, wäre es Mißbrauch - würden sie informiert, erschien es fast jedem recht wahrscheinlich, dass sie es zu dem Preis nicht tun würden. Einige (meist männliche) Leser mit (meist weiblichen) Angehörigen, die in Pflegeberufen tätig waren, zeigten regelrechte Empörung bei dem Gedanken, dass jemand seiner eigenen Schwester/Mutter/Freundin derartiges abverlangen könnte. Offenbar geht also kaum jemand tatsächlich davon aus, dass eine "normale Frau", selbst wenn sie wickeln KANN (was übrigens letztlich wohl JEDE gesunde Frau kann, auch wenn sie keinen Pflegeberuf erlernt hat, ggf. müßte man es ihr schließlich lediglich erklären) zu "diesen Preisen" erotische Services erbringen MUSS.

Ich meinerseits frage mich nun, wieso man nur zufällig befreundete Pflegerinnen und nicht auch zufällig befreundete andere Frauen (sofern man eben nur auf Frauen steht) um so eine "Gefälligkeit" bitten könnte. Vielleicht würden auch die sich schließlich gerne 30€ (der im Forum oft diskutierte Betrag) zuverdienen? Ich nehme an, man könnte sie zwar fragen, aber sie hätten daran kein Interesse. Und niemand würde ihnen es übel nehmen, wenn sie dann einfach "nein danke" sagen würden und nicht begeistert dankbar auf den Vorschlag mit dem "leicht verdienten Zuverdienst" eingehen. Vielleicht schlichtweg, weil es eben gar nicht "so leicht verdient" ist?

Und dann kommen wir zum springenden Punkt. Man kann nämlich auch SM-Frauen fragen, und die sagen unter Umständen auch "nein danke". Und scheinbar finden einige Babies dann, dass diese -wenn sie doch selber so einen Fetisch haben- dann quasi kein Recht mehr zu einem "nein danke" haben. Als wäre eine Frau, nur weil sie sich vor einer Praktik nicht ekelt, quasi moralisch verpflichtet, jedem seine Fetisch-Wünsche zu erfüllen. Aber man erwartet doch auch nicht von einer Vanilla-Frau, nur weil sie sich vor Sexualität nicht per se ekelt, dass sie nun jedem Beischlafbedürftigen seine GV-Sehnsüchte erfüllt. Warum sollte eine SM-Frau jedem unbefriedigten Maso seine Painplay-Sehnsüchte und jedem Fetisch-Baby seine Wickelwünsche befriedigen? Das bloße Können führt doch zu keiner moralischen Verpflichtung: weder das "Beherrschen" von Standardpraktiken wie Geschlechtsverkehr noch das "Beherrschen" eines Windelwechsels…

Warum bieten es einige SM-Frauen aber doch an, eine entsprechende Serviceleistung für Geld auszuüben? Und dann auch offenbar "immer gleich für viel Geld" ? Weil sie Abzockerinnen sind ? Für mich persönlich gibt es zwischen "ja, privat bist du mein Typ und entsprechen deine Neigungen voll meinem Faible" und "nein, danke, das will ich nicht machen" noch die dritte Möglichkeit: die einer wirklich ernstgenommenen Aufgabe, eine Fremdfantasie bestmöglich umzusetzen. Würde ich dafür 30€ bekommen, würde ich mich nichtsdestotrotz genauso "ausgenutzt" fühlen wie die Pflegerin oder die Nachbarin von Nebenan, die Hinz und Kunz zu dessen erotischer Lust wickeln soll, nur weil sie es KANN oder die Ernst und Heiner ficken soll, nur weil sie eine Möse hat und somit die "technischen Voraussetzungen" erfüllt - und auch ich habe einen Vollzeitberuf und nur begrenzte Freizeit und muß nicht per se über 30€ jubeln, nur weil jemand glaubt, mir damit ein unausschlagbares Angebot zu unterbreiten. (Schlimm wäre es, wenn meine finanzielle Lage anders wäre: wäre ich auf die 30€ angewiesen und sähe mich deswegen dazu gezwungen, so ein Angebot annehmen zu müssen, wäre ich keine Privatdomina mehr, sondern eher Armutsprostituierte.) Aber so, wie ich mir meine Dienstleistung konzipiert habe, macht sie mir Spass. Ich fühle mich zu einem Preis, den ich selbst gemäß meinem subjektivem Empfinden von emotionalem Aufwand, zeitlichem Einsatz und mir entstehenden Kostene "stimmig" kalkuliere, eben dann nicht mehr ausgenutzt (so, wie es jede andere Frau zu entsprechenden Bedingungen wohl auch täte, s.o.), sondern in meinen Bemühungen wertgeschätzt. Natürlich liegt es mir am Herzen, dass auch mein Spielgegenüber den Preis als "stimmig" (bzw. "preis-wert" i.S.v. "den Preis wert") empfindet, sonst kommen wir schlichtweg besser gar nicht zusammen: weder soll sich ein von mir Gewickelter "abgezockt" fühlen, noch möchte ich mich von einem "Wickel-Forderer" ausgenutzt fühlen (à la : "du stehst doch eh drauf, deswegen mußt du …" - nee, muß ich nicht!I muss ich genausowenig wie jede andere Person auch)

Somit hier also meine Antworten auf die typischen Mißverständnisse:

Wenn eine Profi-Mami einen höheren Stundensatz verlangt als eine Altenpflegerin, dann ist das Abzocke.

Wenn jemand einer Privat-SMerin oder Privat-ABDLerin, die kein privates Spielverhältnis mit ihm hat und auch nicht einzugehen plant, weniger Geld für die Erfüllung seines "Films" anbietet als er es bei einer "anderen Frau" für "so etwas" für angemessen empfände, dann ist das bei ihr im selben Maße Ausbeutung. Auch sie hat das Recht, in ihrem Leben andere Prioritäten (und sei es nur bzgl. der Gestaltung ihrer freien Zeit) zu setzen als die primär karikative Sehnsuchtserfüllerin für Fremde zu sein.

Aber wenn sie es doch gern macht, dann darf sie doch nicht so teuer sein wie eine, die es nicht gern macht.

Von einer Session oder einem Sexdate, was man gern aus Geilheit macht, erwartet man persönliche erotische Erfüllung - dazu muss das Gegenüber einerseits passen und andererseits bereit und fähig sein, seinerseits auf Wünsche gezielt einzugehen. In eine Session oder ein Sexdate, was man gegen Bezahlung anbietet, bringt man sich hingegen mit der vollen Konzentration auf die jeweiligen Wünsche des Gegenübers ein und stellt die persönlichen Ansprüche hintenan - dies sollte man (wie jede andere Arbeit, wo es um persönliche Interaktion mit Menschen geht) im Idealfall ebenfalls gern machen, aber es ist eine andere Sorte des "gern".

Es ist ja nett, wenn sie es gegen Geld anbietet, aber dann muss es bitte so sein, dass es sich auch jeder leisten kann.

Es ist genauso viel oder wenig "nett", gegen Geld sexuelle oder fetischistische Dienstleistungen anzubieten, wenn man privat auf Sex oder auf SM/Fetisch-Themen steht, wie es "nett" ist, gegen Geld Schränke zu verkaufen, wenn man ein Händchen für Holz hat. Ein Schreiner muss seine Schränke nicht so berechnen, dass sie sich jeder leisten kann.

Aber so einen verdammt hohen Stundenlohn kriegt man doch in kaum einem anderen Beruf. Das kann ja nur ein Perversenaufschlag sein!

Erstens stimmt das nicht: freiberufliche Anwälte, Steuerberater etc. haben ähnliche Stundentarife. Und in jedem Beruf als Angestellter hat man wiederum so viele geldwerte Zusatzleistungen und Sicherheiten, die bei fast jeder Erotikdienstleisterin wegfallen.

Zweitens kriegt man auch durch kaum einen anderen Beruf so viele gesellschaftliche Nachteile, wenn man sich dazu bekennt. Die meisten Kunden scheuen diese Nachteile und outen sich deswegen nicht, bedenken aber nicht, dass sich die Serviceleisterinnen diesen meist bereits ausgesetzt haben.

Und dass drittens zudem noch meist die Vor- und Nachbereitungszeiten und die einmaligen und laufenden Kosten einer selbständigen Dienstleisterin vor und nach der "Stunde" von den Feilschern gar nicht mitbedacht werden, macht sich daneben fast nur noch wie ein recht kleiner Klacks aus. Die Vor- und Nachbereitungszeiten fallen übrigens, ähnlich wie bei Schauspieler/innen, auch umso länger aus, je authentischer man sich in die Emotion der Rolle einfühlt.

Aber Mama sagt doch, sie hat uns lieb. Wenn sie so viel verlangt, geht es ihr letztlich nur um Kohle.

Im Rahmen eines Rollenspiels jemanden liebzuhaben und im Rahmen einer Geschäftsbeziehung jemanden wohlwollend wertzuschätzen und ernstzunehmen, schließt eine angemessene Bezahlung des erbrachten Services nicht aus. Im Gegenteil: eine Profi-Mami, die sich ausgebeutet fühlt (s.o. - auch sie hat ein subjektives Empfinden, was ihre emotionale Leistung und ihre Zeit in Geld bedeuten) und/oder die Armutsprostitution betreiben muss, kann ihre Kunden sicherlich nicht aufrichtig wohlwollend empfangen.


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