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Frauen und erotische Dienstleistungen

(Der nachfolgende Text von mir erschien im "Lesbischen Auge", einem Anthologie-Buch des Konkursbuchverlages. Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich noch gar keine weibliche Kundschaft, nach fast einem Jahrzehnt hat sich das geändert: Der Kundinnen-Stamm wächst langsam, aber kontinuierlich. Dabei buchen mich sowohl lesbische als auch heterosexuelle Frauen auf der Suche nach ganz konkreten BDSM-Erlebnissen, tantrischer Selbsterfahrung oder einfach nach lustvoller Sexualität mit schönen Orgasmen… )

Erotische Services – von Frauen für Männer gibt es die, gab es die schon immer und wird es die wohl auch noch künftig immer weiter geben, solange es einen Markt gibt. Einige Feministinnen wenden sich strikt dagegen, andere halten es gerade für einen Akt der Selbstbestimmung, dass Frauen alles machen können, was sie wollen – auch selbstbewusst ihr Geld mit männlichem Begehren verdienen. Aber was ist mit weiblichem Begehren, mit lesbischem Begehren? Wollen wir als Lesben oder bi-/pansexuelle Frauen erotische Dienstleistungen von Frauen in Anspruch nehmen? Wollen wir anderen Frauen erotische Services anbieten?

Ich will. Beides. Seit 2004 biete ich „Kreative Erotik und Sadomasochistische Rollenspiele“ an, so richtig offiziell, mit Steuernummer etc. – nebenberuflich, nicht aus finanzieller Not. Was in einem kleinen leerstehenden WG-Zimmer ohne jedes Mobiliar anfing, ist nun ein richtig tolles Spielzimmer geworden. Mit aller Ausstattung, die ich mir jemals gewünscht hab. Männer und Frauen sind willkommen. Es kommen allerdings nur Männer …

Jahre zuvor war ich zum ersten Mal als Kundin im Puff. Oder war es nicht vielmehr fantasiert doch als Kunde? Und war es nicht eher das Betreten der unbekannten, für mich sonst eigentlich verbotenen Welt, was mich reizte, als ich an dem Schild „kein Zutritt für Frauen und Kinder“ in die geheime Herbertstraße reinspazierte? Und wollte ich nicht zunächst nur neugierig schauen, keineswegs „kaufen“….. aber warum war ich dann partout der Ansicht gewesen, zum richtigen Styling, mit gegeltem Haar und einer busenverbergenden weiten und coolen Jacke, gehöre eben auch die volle Brieftasche, um das „richtige“ Gefühl in „so einer“ Straße für mich in allem rund werden zu lassen?

Was hat mich bewogen, nur „Hm“ zu brummeln, als eine der Ladies mich zu sich ans Fenster winkte und mich fragte, ob ich neu sei, ob ich etwas schüchtern sei, ob ich reinkommen wolle? Ich ging rein. Auf die Frage nach meinem Namen zögerte ich, nannte dann doch meinen echten…. denn ich wußte ja, spätestens wenn ich mich ausziehe, dann kommt die Wahrheit ans Licht, in Form einer Möse, die befriedigt werden will. Kein Schwanz. Bin ich willkommen???

Ich erlebte auf der kleinen Pritsche Sex, der nicht befriedigend war. Jedenfalls nicht körperlich! Eine Frau, die mich distanziert mechanisch wichste, mir fast jede Berührung ihres Körpers versagte, nach einer gewissen Weile nachkoberte und mich zur Fortsetzung noch einen weiteren Geldschein mit drauflegen ließ. Aber ich war stolz wie Oskar: ich hatte das Gefühl, als „echter Kerl“ behandelt zu werden. Denn von dieser Kühle, von diesen Versagungen, von diesen finanziellen Nachverhandlungen hatte ich ja gelesen. Ich war Gast in der Herbertstraße. Trotz Möse akzeptiert in dieser Straße. Was scherte es mich in diesem Moment, dass der Kick nur mental erfolgte, dass die Berührung bei weitem nicht mit privaten Erlebnissen mithalten konnte. Ich gehörte dazu, ich war Kunde im Puff! Das war befriedigend, nicht die Aktion….

Derartiges wiederholte sich noch insgesamt 3x. Dann hatte ich genug davon. Denn ich erkannte nichts-desto-trotz als Resumée: wenn ich es wirklich will, wenn ich es wirklich aus Sehnsucht heraus brauche, wenn meine Fotze nach einem Fick geradezu schreit, dann hab ich nicht die Energie, mich in die Welt der käuflichen Liebe zu wagen. Dann ist das Enttäuschungspotential doch zu groß. Hatte ich zwischenzeitlich doch auch die Beschimpfungen erfahren, die „einer wie mir“ in den Straßen widerfahren konnten, wenn ich eben nicht als Mann durchging, sondern als vermeintliche Konkurrentin ausgebuht wurde. Hatte auch die Mißachtung erlebt, wenn ich in einem Striplokal einsam am Tisch saß und niemand etwas mit mir anzufangen wußte, während doch die männlichen Besucher eher das gegenteilige Problem erlitten, sich der Hostessen kaum erwehren zu können! Frau als Kundin unsichtbar. Lesbische Suche nicht vorstellbar: In Begleitung eines platonischen Kumpels war ich augenscheinlich nur Beiwerk, automatisch seine kleine Hetero-Schlampe, die mit ihm gemeinsam einen Dreier sucht – nicht denkbar als eigenständige Person mit eigener Börse, eigener Libido, die als solche einzeln hofiert werden wollte! Auf diese Gedanken kamen die Lustdienerinnen nie, ob ich nun solo hoffnungsvoll vergeblich cruiste oder jemanden im Schlepptau hatte, und mir verging meine Geilheit, wenn ich mich immer und immer wieder zu erklären versuchte, immer und immer wieder um Eintritt feilschen musste, erstmal die Rahmenbedingungen abzuchecken waren und sich die Körbe, Frustrationen und die Blicke voller Unverständnis wiederholten.

Aus Neugier auf die Häuser versuchte ich es andersherum. Wenn ich als Freier keinen FKK-Club besuchen kann, dann eben als Hure. Dass ich mit meinem „lesbischen Aussehen“ nicht gerade viele Kerle abkriegte, war mir ganz recht. Ich suchte das Ambiente des Rotlichts, nicht die Schwänze in meiner Möse und auch nicht das Geld. Ich hätte meinerseits nur liebend gern bezahlt für das, was ich mir selbst ersehnte, wäre es nicht so umständlich und unerreichbar gewesen…. falscher Körper???

Inzwischen bin ich weder Freier noch Hure in fremden Etablissements. Ich bin SM- und Fetisch- Lady, habe mein eigenes Refugium geschaffen, und inszeniere mich meist feminin, sehr selten butch, noch seltener trans-gay …. Ich erfülle Fantasien, aber nur noch solche, bei denen ich in rein aktiver Rolle spiele. Meine Passivität bleibt meinen privaten Affären und Liebschaften vorbehalten. Zahlenden Männern gegenüber bleibt meine Möse verschlossen: dies gegen Entgelt anzubieten, das hab ich nur ganz wenige Male wirklich durchgezogen, das fühlte sich aber nicht stimmig an. Zahlende Frauen gab es bisher trotz aller Werbung nicht – ob die Abgrenzung der „intimen Unnahbarkeit“ hier für mich für die Profession noch nötig wäre, das läßt sich in der reinen Theorie der Möglichkeiten nicht vorhersagen. Frauen jedenfalls würde ich auch zärtlich-erotische Massagen, Clit- und G-Punktstimulationen ganz ohne BDSM oder Fetisch anbieten, wahlweise im Sling oder im kuscheligen Bett, ich wäre die verwöhnende Aktiva auch im Vanilla-Bereich genauso gern wie die sadistische oder gestrenge Top im BDSM.

Frauen im Studio sind willkommen, aber kommen nicht vor. Nicht als zahlende Gästinnen.

Ich habe meinen Weg als Anbieterin (aktiv) gefunden. Ich habe keine Anlaufstelle als Kundin (passiv) bei Frauen gefunden, was ich schade finde : Möglichkeit, die fehlt. Ich toppe als Femdom meine männlichen Subs so, wie ich selbst gern von Femmes getoppt werde. Ich toppe als Butchdom oder Gaydom meine männlichen Subs, wie ich selbst als Transgay gerne getoppt werde. Ich würde meine zahlenden Lesben toppen oder verwöhnen, wenn es welche gäbe. Ich würde mich als zahlende Lesbe toppen oder verwöhnen lassen, wenn es die passenden Huren und Dominas gäbe. Nicht immer, aber manchmal. Sex/SM à la carte.

Der Vorteil von bezahlten Dates: weniger Kompromisse, klarere Wunscherfüllung. Die Belohnung für die Profi-Lady ist das Geld, idealerweise in Verbindung mit seinen/ihren/deinen endorphinleuchtenden Augen nach Session-Ende: der Erfolg des Bühnenkünstlers ist der Beifall nach einem guten Spiel ! Verkaufend brauche ich kein mösenprickelndes Entzücken, sondern Kreativität, Wohlwollen und die Einfühlung in deine Seele. Mich bestätigt als Anbieterin die Zufriedenheit des strahlenden Gesichtes, wenn ich die individuelle Fantasie getroffen habe. Als Freierin hingegen sollte meine Pussy glühen, mein Hirn sich im subspace verlieren, einfach nur weil ich es gerade will und jetzt dafür bezahle- ohne die sonst notwendigen Rücksichten einer privaten Affäre - ohne allzu viel Verantwortlichkeit für den „Genuß“ der Lady – hier ist die Domse ganz bewußt Erfüllerin und darf es sein, hier wird sie als mein „Fantasy Designer“ auserwählt und ganz gezielt gebucht, wenn’s dafür passt – mehr nicht, und eben auch nicht weniger!

Einzige Limits sind die echten Tabus der Dienstleisterin, und da hilft die Klarheit der Worte im Vorfeld. So –nur so?- kann Lust gegen Geld auch assymetrisch geil und wechselseitig gut / gelungen sein – auch von Frau zu Frau !? Zumindest in meiner Theorie, in meiner Fantasie, in meiner Analyse - auch in realer lesbischer Praxis?


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