Am 4.2.18 besuchte ich mit Freunden das Show-Programm von Nicole Jäger "Nicht direkt perfekt" in Aschaffenburg.
Sie witzelte über mehrere Themen, die mich persönlich betreffen, und stellte einige offene Fragen ins Publikum, die vermutlich rhetorisch gemeint waren, auf die ich aber gerne echte Antworten geben würde.
Ich bin 41 Jahre alt, weiblich, in der queeren SM-Szene privat unterwegs und nebenberuflich als Domina mit überwiegend heterosexuellem Publikum tätig.
Ich gehöre zu den Frauen, die sich schon seit vielen Jahren Urinale für Frauen wünschen. Von der Entscheidung des Berliner Senats erfuhr ich tatsächlich erst durch Jägers Programm und habe es daheim sofort gegoogelt: die vorgeschlagene Umsetzung mit Einzelkabinen geht leider wirklich an der Praktikabilität vorbei, denn während sich derzeit auf Großveranstaltungen am Damen-WC immer unendlich lange Schlangen bilden, vereinfachen die Pissoirs auf den Herren-WC den Ablauf. Dies wäre in Kabinen aber wiederum nicht mehr gegeben! Es muß also tatsächlich so umgesetzt werden, wie Jäger es karikativ darstellt, dass dann "mehrere Frauen nebeneinander an der Wand" stehen, damit Warteschlangen reduziert werden können.
Tatsächlich kann ein Frauen-Urinal nicht mit der üblichen derzeitigen Mode benutzt werden: was Jäger skizziert, ist korrekt. Ich selbst habe aber bereits in jeder meiner Hosen einen Schrittreißverschluß, und damit kann ich genauso diskret oder indiskret wie ein Mann urinieren - man sieht, dass ich pinkele, aber ich muss eben nicht den Po freilegen, so wie Jäger es skizziert.
Letztlich sieht man, wie bei einem Mann, der seinen Penis nicht absichtlich präsentiert, sondern mit der Hand verdeckt, dann nur(!) den Urinstrahl. Selbst für Frauen, die die Urinale nicht selbst nutzen wollen, wäre es von Vorteil, wenn andere Frauen dies täten - weil dadurch auch die Wartezeit auf freie Kabinen verkürzt würde!
(Übrigens gab es bereits in den frühen 90ern das Lady P. Frauenurinal, es wurde damals am Brüsseler Airport eingeführt und als Teenagerin hatte ich das Werbeplakat daheim so an meiner Wand hängen wie meine Mitschülerinnen die Plakate von Rockstars. Weitere Infos zur Geschichte und Verbreitung von Frauenurinalen findet man auch z.B. bei Wikipedia.)
Desweiteren machte sich Jäger über Masturbatoren mit vorgeformter Vulva inclusive Klitoris lustig. Ich habe bereits beim Masturbieren an einer Masturbator-Klitoris geleckt, und ich lasse auch als Domina häufig meine Kunden entsprechend lecken, bevor ich den Masturbator ggf. dann an der Fickmaschine einspanne - tatsächlich finde ich die rein manuelle Penetrations-Nutzung nicht wirklich attraktiv, da gibt es bessere Toys.
Etwas ärgerlich fand ich auch, dass Jäger davon sprach, sie könne nicht verstehen, was Männer an Pussys finden - wir hätten "nur einen Schlitz". Also, ich habe zum Glück ein anderes Verständnis von meinem Geschlechtsteil und finde es bedauerlich, wenn sie ein negatives weibliches Körper-Selbstbild fördert. Als Domina biete ich auch Coaching, Sexualberatung/Aufklärung, Selbsterforschungs-Workshops etc. an, u.a. "Mösenkunde".
In der Tat hatte Jäger aber recht damit, dass das Rasieren umständlich ist und bessere Rasierer erfunden werden sollten. (Allerdings ist das Rasieren für dickbäuchige Männer ebenso kompliziert, ein Freund von mir wiegt immerhin auch 250kg und ich kenne die sich daraus ergebenden Problematiken sehr gut.)
Ihre zynischen Kommentare über den "Schlitz" halte ich aber möglicherweise für persönlichen Geschmack/Stil und/oder eine kabarattistische Karrikatur, die ersten beiden Punkte wirkten darüberhinaus (zusätzlich - natürlich waren es auch kabarettistische Karrikaturen) wie echtes Unwissen.
Auch sonst stellte sie einige Fragen ins Publikum, die mit "Welche Frau hat schonmal ? Welche Frau hat noch nie ?" die quasi ihre Mutmaßung über die Reaktionen vorgaben (rhetorische Fragen), die ich aber jeweils entgegen ihrer offensichtlich tatsächlichen (und nicht nur kabarettistisch persiflierten) Erwartung beantwortet hätte.
Im Nachgang habe ich entschieden, diese Rückmeldung an die Veranstalter zu übersenden. Und auch echte Information "hinter geschlossenen Türen" und/oder ein öffentliches Interview anzubieten. Da Nicole Jäger verständlicherweise nur über Ihr Management-Team erreicht werden kann, habe ich also darum gebeten, meine Rückmeldungen und Angebote an Sie weiterzuleiten. Zurück kam allerdings ein lapidares
Sehr geehrte Lady Sara, vielen Dank für Ihre Rückmeldung und die darin enthaltenen Angebote, die ich auch ohne Weiterleitung Ihrer Nachricht an Frau Jäger bereits jetzt ablehnen kann. Ich hoffe Sie hatten dennoch Spaß in Aschaffenburg! Herzliche Grüße First Choice Management
so dass ich nun nur meinen eigenen Blog nutzen kann, um meine Show-Kritik zu äußern. Diese ist naturgemäß subjektiv, aber doch meines Ermessens nach ein ähnlich wichtiges Statement wie die Film- und Buch-Kritik an "Shades of Grey", um gegen Frauen- (und Männer-)Bilder in der Gesellschaft vorzugehen, deren Verbreitung ich nicht unterstützen kann und möchte.