Persönliche TexteBlog

Mittendrin herausgefallen (oder: Mißgeschicke beim Symmetrie-Sex)

Abstürze. Was faellt mir dazu ein? Es gibt natuerlich die ganz schlimmen Situationen, wenn ein Flashback bei einer traumatisierten Person getriggert wird. Ich habe das erlebt, aber darüber möchte ich jetzt hier nicht schreiben. Ich moechte ueber die kleinen Abstürze schreiben, die uns aus höchster Geilheit in ein Scheißgefühl katapultieren und uns vielleicht ein “Nie wieder” aussprechen lassen. Die “eigentlich nicht schlimm” sind - aber irgendwie doch schwerwiegende Konsequenzen haben.

Ganz zu Beginn meiner SM-Karriere gab es die Frau, mit der ich mich zum Spielen verabredete und wir kamen nie so wirklich auf einen Nenner. Immer wieder Sessions, die es nicht so wirklich brachten. Für keine von uns. Dann eine, die toll war - kurz. Für beide von uns. Und die uns dann BEIDE abstürzen liess….. Ich hatte sie mit dem Umschnalldildo gefickt, nach einer längeren BDSM-Behandlung, sie war zu einem Orgasmus gekommen wie niemals zuvor. Dann pisste ich sie an, wir hatten das vorher besprochen und mit einer Unterlage vorbereitet, aber noch nie miteinander gemacht. Ich pisste und kam, während ich meinen eigenen Saft von ihrem Körper leckte, zum Höhepunkt meiner eigenen Lust. Es war mega-geil. Und dann sagte sie im selben Moment, in völlig abgetörnten Tonfall:”Äh, kann ich jetzt unter die Dusche?” Ich fiel metertief. Von meiner Extase in ihre Ungeilheit. Sie war kurz zuvor gefallen. Als die ersten Tropfen meiner Golden Shower sie berührt hatten. Von ihrer Extase in meine Pisse. Wir waren beide abgestürzt aus unseren Lüsten, die an diesem Tag so groß wie nie zuvor (miteinander und überhaupt!) gewesen waren. Danach hatten wir nie wieder Sex oder BDSM miteinander. Wir wussten, wir können die Lust nicht mehr miteinander toppen und wollen nie wieder durch die jeweils andere in eine Tiefe stuerzen.

Mein neuer Partner. Ich habe ihm von diesem uralten Erlebnis erzählt. Als er kürzlich bei mir abgestürzt ist. Es hat eine Weile gedauert, bis ich ihn fragen konnte, ob das ein Absturz war. Weil ich es erstmal überhaupt nicht begriffen habe. Bis ich gemerkt hab, dass ich selber abgestürzt war. Er wusste zunächst nicht, was ein Absturz überhaupt ist. Erst an dem oben genannten Beispiel wurde es ihm klar, dass wir tatsächlich beide abgestürzt waren.

Mit ihm habe ich “Shades of Grey”-Sex. Etwas, was ich zuvor sehr abfällig als “gar kein richtiger SM” bezeichnet habe. “Ein bisschen fesseln, und danach ficken.” Mit ihm ist es schön, weil er davon so schön geil wird, ausserdem finde ich gerade heterosexuelles Ficken spannend, nachdem ich jahrelang primär weibliche Play- und Sex-Partner hatte.

Jedenfalls waren wir zu einer Challenge verabredet. Ein umgedrehtes Tease&Denial. Ich wollte ihn erwarten, Seile und Folie sollten bereit liegen. Er sollte mich verpacken, so, wie er es heiss findet, aber mich dann -ohne selbst gefesselt zu sein- nur ganz langsam mit dem Schwanz beinah-berühren dürfen, so wie er es kurz zuvor mit mir schonmal gemacht hatte, um mich zu teasen. Aber nun sollte sein Task sein, dass er als Ungefesselter die volle Kontrolle über die Bewegungen hätte, mit mir in einer seiner Lieblingsstellungen einen maximalen Reiz und somit maximale Ficklust haben sollte, aber sich eine bestimmte Dauer lang (wir hatten wirklich Wecker-Stellen verabredet!) dieser Lust nicht hingeben dürfen sollte, sondern eben nur dieselbe "Hauchzartigkeit" aufbringen dürfte, die er mir kurz zuvor “angetan” hatte, sich dieser Selbstdisziplin trotz maximaler Schlüsselreize (er hat einen Fetisch, und ich habe diesen erfuellt - DAS war nicht abgesprochen, sondern sollte meine Überraschung für ihn sein, um die Aufgabe zu erschweren) gemäß meiner Idee à la “Es ist köstlich angerichtet, aber du darfst Zeitdauer x lang noch nicht essen, sondern nur dran schnuppern” bewusst stellen sollte.

Der grundsaetzliche Rahmen war geklärt. Meine Zusatz-Anrichtung in Form des zusätzlichen Fetisch-Reizes nicht. Ich war gefesselt, geknebelt und geblindfolded und freute mich darauf, seinen Kampf um seine Selbstbeherrschung zu erleben. Er beherrschte sich nicht, er fickte mich einfach und kam. Ich war unglaublich frustiert, als ich merkte, dass er sich der Challenge überhaupt nicht gestellt hatte. Er fingerte mich, er fistete mich, ich lag da und war unglaublich frustriert. Ich war abgestürzt, als ich gemerkt hatte, dass es schon alles gewesen war. Ich konnte (oder wollte) meinen Frust wegen des Knebels nicht umgehend äussern, ich versuchte, das Beste aus der Situation zu machen. Versuchte, in die Erregung, aus der ich herausgefallen war in Vorfreude über unseren Plan, wieder hereinzukommen. Mich auf “normalen Sex” einzustellen. Normalen Shades-of-Grey-Sex. Ich hatte etwas anderes gewollt.

Trotzdem, nach einer Weile klappte es mechanisch. Mein Körper reagierte auf die Finger und die Faust, und auch meinen Kopf hatte ich gezwungen, sich bestmöglich darauf einzulassen. Der Orgasmus war echt. Direkt danach kehrte aber die Frustration zurück. Und unbedacht tat ich etwas, was dem glich, was die pinkelsexablehnende Frau Jahre zuvor mir angetan hatte. Sobald ich ausgepackt war aus der Bondage, sobald der Knebel meinen Mund nicht mehr verstopfte, maulte ich los: ”Was war denn das?”

Vorwurfsvoll. Frustriert, mir aber selbst nicht bewusst, dass ich eben auch zwischendrin aus der Vorfreude in die Leere gestürzt gewesen war. Ich beklagte mich, dass er sich nicht an die Absprache gehalten habe. Das Programm geändert. “Du hast es doch selbst geändert, indem du den Fetisch hineingebracht hast” meinte er. Wusste gar nicht, wovon ich sprach, denn aus seiner Sicht war die Challenge dadurch gar kein Thema mehr gewesen. Aus meiner Sicht hatte der Fetisch den Challenge-Reiz erhöhen sollen. Ja, ich hatte dadurch stärker toppen wollen. Er hatte es gar nicht gemerkt. Er hatte sich über mein vermeintliches Geschenk an seine Fantasie-Erfüllung gefreut und mich entsprechend freudig auf einen schnellen Höhepunkt hinzu gerammelt. Für ihn war es gerade mega-geil gewesen, wegen des Fetischs. Nun quengelte ich ihn an - für ihn unverständlich.

Er versuchte, seine gute, geile, glücklich gelöste Stimmung zu bewahren. Es gelang ihm, er verabschiedete sich. Ich schickte tausende von SMS hinterher. Analysierte die Situation. Wollte ihm erläutern, wieso ich so frustriert gewesen sei, und begriff es währenddessen erst selbst. Die SMS halfen mir. - Die SMS störten ihn.

Es gelang ihm nicht mehr, die gelöste, geile, glücklich befriedigte Stimmung zu halten. Er stürzte metertief. “Dann darf ich wohl gar nicht mehr geil werden bei ihr” schlussfolgerte er. Es war wegen des Fetischs etwas so Besonderes für ihn gewesen, wie ich mir niemals hatte ausmalen koennen. “Nie wieder so erregt sein und dann hinterher alles kaputtgeredet kriegen. Nie wieder so erregt sein und dann hinterher zerstört werden.” Es dauert noch an, ihn zu überzeugen, dass ich mir seine -auch die heftig unbeherrschte- Erregung wünsche. Von der Logik her hat er es begriffen. Aber sein Herz hat noch Angst, wieder enttäuscht zu werden.

Mit der Frau aus erstgenannter Szene hatte ich damals einvernehmlich die Spielpartnerschaft beendet. Mit dem jetzigen Partner soll es weitergehen. “Mein Gott, das war ein Absturz, was soll's?” frage ich, weil ich ja nicht grundsätzlich seinen Fetisch ablehne, sondern wir bloss ein klitzekleines Missverständnis hatten, wer an dem Tag von uns das Play hätte bestimmen sollen. Ich durch das Stellen der Aufgabe, oder er durch das Führen der Bewegung.

“Sowas kann man doch leicht in Zukunft klären” sage ich. Aber er leidet. “Du kommst mit Abstürzen doch auch nicht gut klar” meint er und beruft sich auf all meine Erzählungen darüber. Im ersten Moment wollte er wirklich nie wieder etwas mit mir praktizieren, was fuer ihn “besonders” werden könne. Lieber das Alltägliche, was erfahrungsgemäss funktioniert, und geil macht, aber eben nicht rattengeil. Ich sage, dass mir das zu wenig ist. Er stimmt mir nach etwas Nachdenken zu. Er will noch weiter mit mir high-risk spielen, Neues ausprobieren, sich wieder einlassen…. aber er sagt, er wird Zeit brauchen. Und ich fürchte, ich muss ihm diese geduldig geben….


© copyright 2005-2024 domina-frankfurt.net