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Ein Traurigkeits-Ritual

Kann ich das Ende unserer Beziehung in einer Session beweinen? Bitte, geliebter Ex-Geliebter, lass es uns versuchen. Bitte erfüll mir diesen -letzten?- Wunsch.

Auch die betrübtesten Gefühle ungefiltert, unzensiert, ohne Voreinstimmung, ohne “Play-Mode”, in “seelen-nackte” Sexualität einfließen zu lassen, das wünsche ich mir schon lange.

Das habe ich mir beim vergangenen Treffen gewünscht, als ich mit dir reden wollte und direkt danach in meine Traurigkeit hinein gevögelt werden wollte.

Das habe ich mir bei all jenen früheren Treffen gewünscht, wo ich mit dir reden wollte und meine Scham durch gleichzeitige körperliche Nähe überwinden.

Oder deine Verletztheit durch meine Kritik mit meiner Möse um deinen Schwanz hätte lindern wollen.

Jedes Mal wäre es um “Reden und Sex” gegangen, wobei der Sex das Reden in voller Offenheit, auch schonungsloser Offenheit, erleichtert hätte und zugleich die Wirkung der Worte, der Schonungslosigkeit, der schonungslosen Erbarmungslosigkeit, abgemildert / abgefangen hätte.

Dir zugleich mit dem Körper zeigen, dass ich dich liebe, während dich meine Worte tadeln. Mich zugleich von deinen Händen dafür trösten lasse, dass ich dir anvertraue, wie beschissen tief du mich verletzt hast mit einer Unabsichtlichkeit, deiner Gedankenlosigkeit, deiner anderen Welt.

Die Sprache miteinander sprechen, die uns verbindet.

Während die verbale Sprache ausspricht, was uns trennt und/oder schmerzt.

Diesen Wunsch hatte ich lange, lange. Du hast ihn mir nie erfüllt.

Dann kam der Gedanke auf, dir nur meine Verletzlichkeit und Traurigkeit zu zeigen in meinen Augen. Und mich dazu von dir streicheln zu lassen. Es nicht auszusprechen. Dir auch in meinen Augen die Verletzlichkeit und Traurigkeit zu zeigen darüber, dass ich es nicht aussprechen darf bei dir.

Auch das haben wir so nicht umgesetzt. Immer wieder habe ich doch versucht, zu reden. Immer wieder ist das gescheitert. Egal, ob ich vorher oder währenddessen reden wollte. Immer hat deine Ärgerlichkeit gesiegt. Immer hat sie meine Sehnsucht nach Nähe, nach Körper, nach Sex, nach Trost besiegt. Immer wieder habe ich verloren und mir neue Verletzungen, neue Traurigkeit zugezogen. Immer wieder habe ich mich nach einem weiteren Treffen mit Trost gesehnt.

Nun bitte ich dich, mich zu streicheln. Und du weißt nicht, ob du es kannst. Und ich bitte dich, stattdessen bei dir weinen zu dürfen.

Ich weiß also, dass du mir wehtun wirst. Oder vielleicht, wahrscheinlich, beinah sicher wehtun wirst. Denn schon, wie du es aussprichst, schon diese Distanz tut mir weh. Als würden wir einander nicht kennen. Als ginge es darum, dass ich für dich bzgl. Fetisch etwas Besonderes bin. Ich will für dich als Mensch etwas Besonderes sein. “Du darfst alles mit mir machen” hieß: mach alles mit meiner Seele, ich lasse mich behutsam führen, ich werde dir in demütigem Gehorsam und liebevollem Bemühen folgen. Nicht: Benutze für alles meinen Körper, es wird funktionieren. Nicht: Mein Körper hält alles aus.

Also, du wirst mir bei der kommenden Begegnung wehtun. Du hast mir bereits bei der Vorbereitung auf die kommende Begegnung wehgetan. Und du hast und du wirst nicht hören wollen, dass es so ist.

Vielleicht darf ich es dir zeigen. Vielleicht kann ich es dir zeigen. Vielleicht schwimmen meine Augen in Tränen, und vielleicht kannst du es sehen. Und vielleicht kannst du es nicht sehen, aber ich mich dennoch geborgen fühlen. Weil du es siehst. Wenigstens das. Oder weil du mich doch streichelst in meiner Verletztheit. Endlich.

Ich liebe dich. Ich möchte dir gehören. Ich möchte gesehen werden. Ich möchte, dass du meine Seele streichelst. Ich möchte, dass du meine Emotionen “liebst”.

Ich möchte meine Emotionen bei dir leben. Alle. Und sie von dir validieren lassen. Weil du da bist. Weil ich dich liebe. Weil ich mir einbilde, dich zu lieben. Weil ich dich lieben will. Weil deine Validierung mir so gut tat. Weil deine eingebildete Validierung, deine vermeintliche Nähe, deine vermeintliche Zuneigung, mir gut tut. Ist es jetzt Illusion? Wieviel von diesem Spiel - die alte Frage- ist echt?

Fick meine Seele. Fick mein Herz. Oder schlag in meine heulenden Augen.

Wenn du mich verstoßen möchtest, sieh, wie du mir wehtust.

Ich liebe dich. Oder ich verwechsele etwas mit Liebe. Sehnsucht. Tiefe Sehnsucht danach, gesehen zu werden. Sehnsucht, die mich jeden Stolz überwinden läßt. Sehnsucht, die keinen Stolz hat, nur Sehnsucht.

Ich will mich dir zeigen. Egal, ob du imstande bist, zu sehen.

Du konntest nicht hören. Du wirst es nie können. Ich will mich dir zeigen. Vielleicht ist das der letzte Versuch, einer der letzten Versuche vor dem Winter.

Kein Treffen ohne Projekt. Kein Termin ohne Plan. Mein Traum hat es gezeigt, ich bin dir nachgeirrt und du standest mit steifem Glied oben am Spiegel, allein in deinem Zimmer, und als du herunterkamst, hast du dieses Bedürfnis vor mir verborgen und mir “nur” Alltagsgeschäftigkeit gegeben.

Ich fühle mich unverstanden. Ich wünsch mir so sehr, dass du verstehst.

Du findest es nicht wichtig, zu verstehen. Ich weine vor und mit und bei dir, weil du nicht verstehen möchtest. Es ist ein letztes Aufbäumen vor dem Winter. Ich habe mir geschworen, ich lasse nichts unversucht. Auch das nicht. Ich pfeife auf Stolz.

Kann ich dich zwingen, mich zu lieben?

Im Traum dein Vorziehen eines Essengehens mit deinem Kumpel, spontan, nachdem ich einen Tag lang neben dir her lief und sehnsüchtig auf dich wartete. Du wußtest, dass ich wartete. Du zogst es vor, mich stehenzulassen und essenzugehen. Trotz steifem Penis am Spiegel.

Kann ich dich zwingen, mich zu trösten? Kann ich dich bitten, mich zu trösten? Kann ich beantragen, dass du mich siehst, bevor der Winter kommt? Noch einmal siehst ….

Ich liebe dich. Ich habe dich geliebt. Es ist fast vorbei. Der Winter kommt.

Wenn die Worte im Schnee verwehen und die Tränen zu Eis erstarren, dann ist der Winter da.

Dann ist meine Liebe vorbei.

Liebe ist Kommunikation. Liebe ist Vertrauen. Liebe ist Zuneigung.

Meine Liebe ist Kommunikation. Meine Liebe war Vertrauen.

Deine Zuneigung hat nicht genügt, um mein Vertrauen nicht erfrieren zu lassen.

Nicht genügt.

Der Winter ist da.

Gute Nacht, geliebter Ex-Geliebter.


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