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Pragmatisch, ästhetisch oder fetischistisch geil?

Man kann ein und dieselbe BDSM-Praktik aus vielen verschiedenen Gründen heraus tun.

Eine strenge Herrin kann ihren Sub demütigen, indem sie ihn anpinkelt. Eine angehimmelte Göttin kann mit einer Golden Shower kostbar-herrschaftlichen Nektar spenden. Ein verliebtes Paar kann es nach dem Sex genießen, auch den Urin über die verschwitzten Leiber fließen zu lassen und im gemeinsamen Sich-Wälzen in der Nässe eine tief-vertraute Nähe empfinden.

Ein Sadist kann jemanden schlagen, weil er selbst Freude an der Schmerzzufügung empfindet. Ein Service Top kann dasselbe tun, weil sein Bottom Freude am Empfang der Schmerzen hat. Sensual Player können Schläge gleicher Intensität vielleicht nur genießen, wenn diese mit Streicheleinheiten vermischt werden und die Sinne von hart bis zart angeregt sind. Ein Dom kann zur züchtigenden Strafe schlagen.

Viele Motivationen, eine Praktik. Hier am Beispiel von Pisse und Haue.

Wie ist es bei der Bondage? Ich kenne Leute, die fesseln aus der Lust am Fesseln. Ich kenne Leute, die fesseln, um die Lust der Bottoms am Gefesseltwerden oder -gefesseltsein zu befriedigen. Ich kenne Leute, die fesseln als Vorbereitung für das, was danach kommt. Oder damit jemand in einer Position verharren muss, weil danach lange nichts mehr kommt.

Ich kenne Leute, die fesseln mit Seilen. Aber auch Leute, denen einfache Ledermanschetten genügen, vielleicht mit einem Strick oder einer Kette irgendwo angebunden. Genügt es, wenn an der Manschette einfache Riemen angebracht sind, oder muss es ein Vorhängeschluß daran geben? Für manche ist es bei einer Fesselung wichtig, dass sie sich praktisch nicht befreien können. Für andere, dass sie sich theoretisch nicht befreien könnten. Dann genügen die schwarzen Schlösser beim Segufix nicht, die man aufdrehen könnte, wenn man eine Hand frei hätte …. oder die man mit einem x-beliebigen Magneten aufbekäme, wenn einer zur Verfügung wäre … es müssen die grünen Schlösser sein, die wirklich nur mit den gelben Segufix-Originalmagneten zu öffnen sind.

Mir selbst genügt bei einer Fesselung, dass ich mich nicht befreien möchte. Wenn da ein Karabiner dran ist, an den ich rankomme, oder ein Schlüssel in meiner Greifweite liegt, werde ich ihn nicht benutzen, sondern mich gegen die Fessel auflehnen. Ich mag den mechanischen Reiz, durch sie gehalten zu werden.

Anderen genügt sogar eine “mentale Bondage” - sich selbst nicht bewegen zu dürfen, und dieses Verbot diszipliniert einzuhalten, das ist für sie genauso einschränkend und vielleicht sogar geiler, als platt an die körperlichen Grenzen gebracht zu werden.

Manchmal paßt eine bestimmte Fesselung zu einem ganz bestimmten Rollenspiel. Ich erinnere mich gut, wo ich als Schlachtsau im Stall voller Stroh mit einem einfachen Strick am “Hinterlauf” angebunden war. Ich rannte immer wieder gegen den Widerstand im Fußgelenk an, wieder und wieder, wie ein wildes Schwein, und ich genoss den zunehmenden Schmerz.

Fesseln, um zu.

Fesseln, um zu schweben in einer Hängesuspension.

Fesseln, um ein Crotch Rope schmerzhaft in der Spalte zu fühlen.

Fesseln, um ein Kunstwerk zu schaffen.

Fesseln, um zu sich eine Wichsvorlage zu “bauen”, die so gar nicht künstlerisch ist.

Letzteres habe ich erst durch meinen letzten Fetisch-Playpartner kennengelernt. Er fesselt mich zu seinem eigenen Vergnügen, nicht zu meinem. Er fesselt mich, weil er mich ansehen will und dazu masturbieren, auf mich spritzen. Aber er fesselt mich nicht “schön”. Er beherrscht keine komplizierten Techniken. Was man in Bondage-Workshops lernen kann, macht ihn nicht an. Er wickelt Seile um mich. Er schnürt ein Paket aus mir. Manchmal schnürt er es etwas zu eng. Dann muss er schnell wichsen, um mich wieder befreien zu können, bevor meine Hände taub werden - das ist ein Manko, denn er könnte den Anblick durchaus länger genießen. Ich würde ihm das “Bild” gern länger sein. Aber niemand von uns möchte ernsthaft meine Gesundheit aufs Spiel setzen. Schnell schnüren, schnell wichsen - das ist der Kompromiß.

Ich werde nicht pragmatisch gefesselt, damit man “etwas” mit mir machen kann. Denn das “etwas”, was folgt, ist nicht “etwas mit mir”, sondern “etwas an mir”: Fetischlust an mir befriedigen. Sich an mir befriedigen. Einmal ging dabei ein Spritzer seiner Wichse in mein Auge. Es tränte, und ich war stolz über die Röte danach. Ich hatte meine Aufgabe, Objekt zu sein, gut gemacht.

Ich werde nicht ästhetisch gefesselt, um Können zu beweisen. Um Kunst zu schaffen. Um modisch “gekleidet” zu sein. Ich werde verschnürt. Weil es ihn geil macht. Weil es ihn anmacht, das verschnürte Paket zu sehen. So, wie den Kittelfetischisten der Kittel erregt. Oder den Schuhfetischisten der Schuh. Es geht nicht um den Menschen, der im Kittel steckt, der den Schuh trägt - es geht um einen Anblick eines tatsächlich oder quasi unbelebten Objekts. Ich bin eine Wichsvorlage, keine Sklavia, kein Rope Bunny, ich bin ein Ding, auf das man spritzt und das man danach wieder auspackt.

Diese Sorte von Bondage kannte ich vorher noch nicht. Für mich funktioniert es deshalb, weil ich mich dabei als seine Sub dabei verstehe. Aber er wird dadurch keineswegs zu meinem Dom. Er bleibt Fetischist. Er dominiert nicht, er führt nicht. Er überwältigt mich nicht, er bändigt mich nicht. Er zwingt mich nicht, er verehrt mich nicht. Ich glaube, er sieht nicht mich, er sieht die Seile um einen gleichermaßen toten Körper. Einen Puppenleib. Ein Ding.

Er sucht kein Miteinander dabei. Er fährt seinen Film an mir. Nicht mit mir.

Derselbe Mann kann in anderen Settings sehr, sehr, sehr liebevoll sein. Sehr aufmerksam. Sehr bei mir. Sehr für mich. Aber nicht bei der Bondage. Die ist “nur für ihn”.

Eine interessante Facette….. die auch in der Szene kaum kommunizierbar ist, auf sehr viel Unverständnis stößt. - Er sagt, das Internet sei voll mit “solchen” Filmen. Er beweist es mir, indem er sie mir zeigt. Es gibt sie wirklich. Aber wo kommen sie her? Nicht aus der Szene, die ich kenne. - Welche Subkulturen gibt es, die mit “meiner” sonst gewohnten BDSM-Community offenbar keine Schnittmenge bilden, auch nicht mit der mir zwar nicht eigenen, aber doch gut bekannten Rigger-Szene? Wo befinden sich diese Fessler?

Und: halten die “Päckchen” in den Filmen die engen Seilwindungen länger aus als ich? Riskieren sie stärker als ich eine Verletzung ihre Nerven? Sind sie geübter? Handelt es sich um Fakes? Es gibt die Videos. Es gibt seine Geilheit. Es gibt seinen Fetisch.

Und es gibt mich, selbstbewußte BDSM-Switch, die Dominanz und Devotion kennt ebenso wie Sadismus und Masochismus. Die Parties fast aller Couleur zu kennen glaubte. Aber das bisher nicht kannte.

Und es für ihn gerne mitmacht. Und es für ihn perfektionieren will.

Paket zu sein. Damit er wichsen kann. Pure fetish, nothing else!


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