Vorlieben

Strafe und Bestrafung

"SM ist das, wo sich die Leute gegenseitig weh tun, um sich zu bestrafen" mag eine landläufige Meinung sein, aber dabei werden verschiedene Facetten des BDSM - der aus B&D, D&S und S&M etc. besteht - vermischt.

"SM ist das, wo sich die Leute gegenseitig weh tun" ist hingegen richtig: SM ist per definitionem der Teilbereich von BDSM, der sich auf Schmerzpraktiken bezieht.

Das Konzept der Strafe kommt hingegen optional über den Bereich der Discipline und/oder über den Bereich von DS und/oder über den Bereich des Roleplay hinzu.

Wenn in solch einem Kontext gestraft werden soll, kann als Strafe eine Schmerzzufügung (mit bekannten Methoden des Painplay und/oder der traditionellenZüchtigung) gewählt werden. Es gibt aber auch schmerzfreie Strafmethoden, diese sind meistens aus dem Bereich des Mental BDSM bzw. lappen zumindest in diesen hinein.

"Wehtun" und "Strafe" sind also keine Synonyme! Im Gegenteil kann "Wehtun" für einen Masochisten auch "Belohnung" sein - oder einfach "Wunscherfüllung". Oder ein zur Katharsis führender Weg. Doch um all diese Punkte geht es nun auf der Bestrafungs-Vorliebe nicht. Oder zumindest nicht primär. Insbesondere bei Rollenspielen kann es überlappen: eine Strafe innerhalb des Rollenspiels kann z.B. eine Wunscherfüllung "off-role" sein.

Echte Strafe / Disziplinierung

Wenn Sie sich von mir wünschen, daß ich im Rahmen unserer Session Praktiken (meist: Züchtigungspraktiken oder Psychofolter-Praktiken) an Ihnen ausübe, die Sie "eigentlich wirklich nicht mögen" und dies immer dann, wenn Sie ein vorher verabredetes Ziel nicht erreicht oder aus den Augen verloren haben, und dies, obwohl es ein erreichbares Ziel ist und Sie sich wirklich um dessen Erreichung bemühen möchten, ich Sie also wirklich disziplinieren soll, dann handelt es sich nach meinem Verständnis um eine "echte Strafe".

Dies gilt auch dann, wenn wir vor Sessionbeginn noch gemeinsam detailliert festgelegt haben, für welche Vergehen eine Ahndung erfolgt und was ungestraft bleiben soll, ebenso welche Strafmethoden für Sie akzeptabel und welche ein Tabu sind. Es gilt aber natürlich auch, wenn ich als Ihre Herrin oder Erzieherin von Ihnen diesbezüglich einvernehmlich die (fast) freie Entscheidung zugebilligt bekomme.

Das Ziel, welches Sie erreichen wollen, kann zudem ein der Session übergeordnetes Ziel aus Ihrem Alltag sein (z.B. Raucherentwöhnung, Gewichtsabnahme, Lernerfolge etc.) oder sich auf unsere Session selbst beziehen (z.B. Gehorsam gegenüber mir in meiner Rollenfunktion als Herrin, Aushalten einer bestimmten körperlichen Challenge wie z.B. Orgasmusverbot, Urinkontrolle oder Einhalten von Zwangspositionen).

Damit es eine "echte Strafe" ist, müssen Sie sich jedenfalls wirklich wünschen, diese zu vermeiden. Insofern werden Sie vermutlich alles tun, um Verbote einzuhalten, Aufgaben zu erfüllen bzw. Gehorsam bzgl. Geboten walten zu lassen. (Sofern es um herausfordernde Aufgaben als Selbstzweck geht, ist dies thematisch eher dem B&D zuzuordnen, sofern es um Verbote/Gebote zur Etablierung und Stabilisierung eines Machtgefälles zwischen Ihnen und mir geht, hingegen eher dem DS-Bereich.)

Bestrafungs-Rollenspiele

In Bestrafungs-Rollenspielen wird hingegen oft ein fiktives Strafszenario als willkommener Vorwand für die Ausübung von lustvollem Pain Play (seltener: Konfrontation mit einer spannenden Herausforderung) verwendet. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem neigungsgemäß gewünschten Erleben der vermeintlichen Strafpraktiken (also z.B. dem masochistischen Genießen von schmerzhaften Praktiken wie Rohrstockbehandlung, Spanking, Elektrotortur etc.) in Verbindung mit gleichzeitiger Freude am Rollenspiel, d.h. an Kreativität und Fantasie, sich eine Geschichte (= als Rollenspiel-Basis) auszudenken und diese gemeinsam auszuschmücken.

Oft provoziert dann der/die Bottom aber absichtlich Fehler, um in den -häufig masochistischen- Genuß der Strafpraktik zu gelangen.

Manchmal liegt die Lust auch im DS-Rollenspiel, d.h. das lustvoll inszenierte Machtgefälle wird erotisiert, der Schmerz hingegen wird bewußt gering gehalten und Strafpraktiken finden ggf. nur symbolisch statt (z.B. eher Klapse als schmerzende Schläge) und/oder nur vereinzelt (niedrige Anzahl von Hieben).

Es handelt sich in beiden Konstellationen ausschließlich oder vorwiegend um Straf-Inszenierungen anstatt um echte Strafen.

Dennoch ist es grundsätzlich auch möglich, daß sich jemand ohne masochistische Veranlagung sich im Rahmen eines Rollenspiels auch intensiveren real schmerzhaften Strafpraktiken unterzieht, auf die er/sie eigentlich gar nicht steht. Gleiches gilt für andere Strafmethoden, die real als unangenehm erlebt werden. Dies kann aus Gründen der Konsequenz geschehen, oder aus anderweitigem Interesse an der jeweiligen konkreten Praktik (z.b. Painplay ohne Schmerzlust).

Echte Hingabe

Echte Hingabe spielt häufig im Bereich des "gelebten" DS eine große Rolle: Der Sklave (bzw. die Sklavin) möchte sich seiner/ihrer Herrin (bzw. seinem/ihrem Herrn) ausliefern und alles für sie tun bzw. alles für sie erdulden.

Dabei gibt es sowohl Sklav/inn/en, die dies temporär - nämlich innerhalb einer zeitlich begrenzten, aber dennoch authentisch hingabevollen DS-Session - wünschen, als auch solche, die einen dauerhaften EPE oder TPE in einer (DS-)Beziehung suchen.

Es liegt in beiden Fällen nahe, daß Fehler dann auch seitens der Herrschaft mit echten Strafen (und nicht nur: Straf-Inszenierungen) zu bestrafen sind.

Ohne Genuß der Strafpraktik kann von dem/der Sub die Strafhandlung dennoch aus Hingabe heraus begrüßt werden. (Das ist leicht verschoben gegenüber dem Wunsch, eine Disziplinierung in Kauf zu nehmen, um primär ein konkretes Ziel session-intern oder session-übergreifend zu verwirklichen.)

Insbesondere kann im DS die Herrin auch willkürlich strafen oder bewußt unerfüllbare Aufgaben stellen.

Mindfucking

Manchmal ist auch ohne DS-Kontext ein Bestandteil des Mindfuckings, wenn unerfüllbare Aufgaben zwangsläufig in ungewünschten Qualen resultieren müssen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit werden.

Diese Qualen werden trotz ihrer Unumgänglichkeit u.U. vom Passiven als "Strafe" für "Versagen" erlebt.

Fazit

Mit dem Begriff "Bestrafung" verbinden unterschiedliche Menschen unterschiedliche Dinge.

Je nachdem, ob bei Ihnen der Wunsch nach Disziplin, Hingabe, Lustschmerz oder kreativer Story überwiegt, sind ihre Interessen primär den Bereichen B&D, DS, SM oder Roleplay zugeordnet.

Fast immer überlappen mindestens zwei dieser Bereiche, so dass eine eindeutige Zuordnung schwierig ist. Nicht immer ist es für das gute Gelingen einer Session wichtig, manchmal aber hilfreich, die persönlichen Motivationen vorher zu reflektieren und zu kommunizieren. Vielleicht gibt es auch noch Aspekte, die ich beim Verfassen dieses Texts noch nicht bedacht habe - teilen Sie sich mir einfach mit!


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